Kulturstudien (Cultural Studies)

A: dirāsāt aṯ-ṯaqāfīya. – E: Cultural Studies. - F: cultural studies. – R: kul’turnye issledovanija. - S: estudios culturales. – C: wenhuayanjiu 文化研究

Marko Ampuja, Juha Koivisto (AMG, JL)

HKWM 8/I, 2012, Spalten 432-449

Die CS entstanden in den 1940er Jahren als Projekt der Erwachsenenbildung. Ihr Ziel war es, das traditionelle Verständnis von Kultur als etwas ›Höherem‹, das gewöhnlichen Menschen unzugänglich bleibt, zu überwinden. Die Grundlagenwerke erschienen in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre, noch vor der universitären Verankerung mit der Gründung des ersten Forschungsinstituts 1964 in Birmingham, dem Centre for Contemporary Cultural Studies (CCCS). Indem sich die CS verstärkt den Deutungs- und Aneignungsprozessen zuwendeten, in denen »die Menschen ihrem Leben einen Sinn geben« (Hall 2007a), und die Künste als partikulare Praxis dieser Sinngebung fassten, beförderten sie ein Verständnis von Kultur als integralem Bestandteil gesellschaftlicher Verhältnisse und Kämpfe. Politische Projekte müssen entweder an die herrschenden kulturellen Bedeutungen anschließen oder diese transformieren, um Aussicht auf Erfolg zu haben; noch die neoliberale Ökonomie ist im weit verbreiteten Glauben an den ›Markt‹ kulturell verankert. Die CS beanspruchten deshalb nicht zuletzt, Kulturanalyse mit fortschrittlich-sozialistischer Politik zu verbinden.

In seiner Blütezeit vom Ende der 1960er bis Anfang der 80er Jahre veröffentlichte das CCCS eine Reihe von Analysen und Entwürfen, die sich auf bahnbrechende Weise den Schnittstellen zwischen Kultur, Politik und Macht zuwendeten. Diese Arbeiten waren nicht nur von akademischer Relevanz, sondern lieferten auch das nötige Handwerkszeug, »um Denkweisen, Überlebensstrategien und Möglichkeiten des Widerstandes zu fördern« (Hall 1990). Das CCCS legte den Schwerpunkt auf die Bedeutung des Kulturellen, um die Handlungsspielräume linker Politik zu erweitern. In dem Maße, wie seit den späten 1980er Jahren Institutionalisierung und Internationalisierung der CS mit einer Ausweitung und Zersplitterung der Forschungsgegenstände einhergingen, wurden vermehrt Zweifel laut. Mit ihrer v.a. in den USA vollzogenen »post-strukturalistischen Abkehr vom Marxismus« (Rehmann 2008) haben die CS – gegen den Widerstand ihrer Pioniere und vieler ihrer Anhänger – eine »passive Revolution« (Gramsci, Gef, H. 15, §11) erfahren und unterlagen einem Prozess der Anpassung und Vereinnahmung.

Dies führte zu einer erneuten theoretischen Isolation des Kulturellen von anderen Praxen und Wirkungszusammenhängen, wodurch »die Spannung, Kultur und Gesellschaft zusammen zu denken, verloren ging und Kultur zu einer Art Ding an sich« wurde (Hall in MacCabe 2008). Darüber hinaus entstanden Projekte, die »in erster Linie das steigende Bedürfnis nach Orientierung in einer unübersichtlich und schnelllebig gewordenen Konsumgesellschaft« (Barfuss/Koivisto/Langemeyer 2008) befriedigten und neoliberale Organisationsformen von Kultur unterstützten. Diese dienten als »Anziehungskräfte von Kapitalniederlassungen«, um im Hightech-Kapitalismus »die unterschiedlichsten ›Life-Styles‹ der ›Leistungsträger‹ zu alimentieren« (Haug 2011).

Alltag, Arbeiterklasse, Arbeiterkultur, Artikulation/Gliederung, Bildung, Diskursanalyse, Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse, Erfahrung, Feminismus, Ganzes, Gegenkultur, Geschlechterverhältnisse, Gramscismus, Hegemonie, Identität, Ideologietheorie, Intellektuelle, Jeans, Jugend, Klassenkampf, Kolonialismus, Konsumgesellschaft, Kultur, kultureller Materialismus, kulturelle Wende, Kulturindustrie, Kulturpolitik, Lebensweise/Lebensbedingungen, Massenkultur, Migration, multikulturelle Frage, multikulturelle Politiken, Neokolonialismus, Neoliberalismus, Neue Linke, organische Intellektuelle, Orientalismus, passive Revolution, Politik des Kulturellen, Popularkunst, Popularliteratur, Postkolonialismus, Postmoderne, proletarische Arbeiterbildung, Rasse und Klasse, Rasse/Klasse/Geschlecht, Sozialwissenschaften, Strukturalismus, Subkultur, Volkskultur im Kapitalismus, westlicher Marxismus

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