Kopf und Hand
A: ḏihn wa yad. – E: mind and hand. – F: intellectual et manuel. – R: golova i ruka. – S: cabeza y mano. – C: tou he shou 头和手
Frigga Haug, Liv Mjelde
HKWM 7/II, 2010, Spalten 1765-1779
»Wie im Natursystem Kopf und Hand zusammengehören, vereint der Arbeitsprozess Kopfarbeit und Handarbeit. Später scheiden sie sich bis zum feindlichen Gegensatz.« (K I) In seiner Analyse des Arbeitsprozesses fasst Marx die Problematik von KuH als Trennungszusammenhang. Was organisch zusammengehört, wird auseinander gerissen; Klassenspaltung und Herrschaft reflektieren sich in der komplementären Entgegensetzung von leitenden und ausführenden Tätigkeiten. Die Trennung von KuH, die dem faszinierten bürgerlichen Blick auf die Segnungen der Arbeitsteilung unproblematisch ist, ist Ausgangspunkt für eine spezifische Verkümmerung beider. Diese Trennung wieder zusammen zu denken, ist Motiv der kulturhistorischen Schule der frühen Sowjetunion (Wygotski, Leontjew, Lurija). Unter dem Namen Tätigkeitstheorie hat sie Bedeutung insb. in den nordeuropäischen und nordamerikanischen Ländern, ebenso in der Kritischen Psychologie und ist Grundlage für Forschungen zur gesellschaftlichen Organisation des Wissens, z.B. in seiner praktischen Anwendung in der Berufsbildung. Die spezifische Orientierung auf »körperliche« oder »geistige« Berufe bestimmt unterschiedliche Schultypen. Die Entwicklung der Produktivkräfte im High-Tech-Kapitalismus erschüttert die Grundlagen der getrennten Ausrichtung von Berufsbildung (Gymnasial- vs. praktische Bildung) und aktualisiert die Perspektive, KuH theoretisch und praktisch, also organisch wieder zusammenzuführen. Die Entwicklung verläuft an den Grenzen kapitalistisch organisierter Arbeitsprozesse und ihren Herrschaft stützenden Arbeitsteilungen (vgl. auch PAQ 1979-87).
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