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- | Von lat. //cliens,// im alten Rom ursprünglich zu Dienstleistungen verpflichteter halbfreier Schutzbefohlener, später ärmerer römischer Bürger, der sich einem reichen //patronus// als Teil von dessen //clientela// (»Schutzverwandtschaft«) anschließt. Die [[e:Etymologie]] ist umstritten. Die eine Version rekurriert auf //cluere,// »heißen, gepriesen werden, genannt werden, auf einen Namen hören«, in älterer Zeit bedeutete es wahrscheinlich »(auf jemanden) hören, gehorchen«, eine [[b:Bedeutung]], die das stammverwandte gr. Verb κλύω auch späterhin noch bewahrt hat. Mit //clientela// wird im Hauptakzent ein persönlich durchmischtes Abhängigkeitsverhältnis bezeichnet. Das Wort kann kollektiv gebraucht werden. Dörfer, Städte, »Staaten« können in einem Klientenverhältnis stehen (knapp und treffend: Georges 1885). Eine andere Wortherleitung führt //cliens// auf //clinare,// »biegen, beugen«, oder auch »anlehnen«, zurück. Der //cliens// ist demnach jemand, der sich einem Mächtigeren »beugt« bzw. sich an ihn »anlehnt«. In dieser Akzentuierung ist der [[b:Begriff]] von der [[e:Ethnologie]] nach dem Zweiten Weltkrieg aufgenommen worden. Von dort ist er seit den 1970er Jahren in die Politikwissenschaft diffundiert. Auf einen allgemeinen Nenner gebracht, dient der Begriff der Analyse »informeller <!--[-->[[m:Macht|Macht]]<!--]-->verhältnisse, die auf dem Tausch von Vergünstigungen zwischen zwei Personen (auch zwischen zwei Gruppen) in ungleicher Position gründen«: eine »höhergestellte Person« (Patron) setzt ihren Einfluss und ihre Mittel ein, um einer »niedriger gestellten Person« (Klient) »Schutz oder Vorteile zu verschaffen, die dafür Unterstützung und Dienste anbietet. [...] Der Inhalt des Tausches ist konkret und diffus, seine Anstöße sind zweckorientiert und partikulär.« (Caciagli 1997; vgl. Médard 1976) Die Forschungen, die auf einen solchen kategorialen Zugriff bauen, haben sich darin verdient gemacht, die von der Modernisierungstheorie allzu oft geleugnete staatsbildende [[f:Funktion]]alität vorvertraglicher sozialer und politischer Beziehungen aufzuhellen. Sie unterstützen aber gleichzeitig die inner- wie außerhalb des Wissenschaftsbetriebs verbreitete Tendenz, den herrschaftskritischen [[g:Gebrauchswert]] des K-Begriffs brachliegen zu lassen. | + | Von lat. //cliens//, im alten Rom ursprünglich zu Dienstleistungen verpflichteter halbfreier Schutzbefohlener, später ärmerer römischer Bürger, der sich einem reichen //patronus// als Teil von dessen //clientela// (»Schutzverwandtschaft«) anschließt. Die [[e:Etymologie]] ist umstritten. Die eine Version rekurriert auf //cluere//, »heißen, gepriesen werden, genannt werden, auf einen Namen hören«, in älterer Zeit bedeutete es wahrscheinlich »(auf jemanden) hören, gehorchen«, eine [[b:Bedeutung]], die das stammverwandte gr. Verb κλύω auch späterhin noch bewahrt hat. Mit //clientela// wird im Hauptakzent ein persönlich durchmischtes Abhängigkeitsverhältnis bezeichnet. Das Wort kann kollektiv gebraucht werden. Dörfer, Städte, »Staaten« können in einem Klientenverhältnis stehen (knapp und treffend: Georges 1885). Eine andere Wortherleitung führt //cliens// auf //clinare//, »biegen, beugen«, oder auch »anlehnen«, zurück. Der //cliens// ist demnach jemand, der sich einem Mächtigeren »beugt« bzw. sich an ihn »anlehnt«. In dieser Akzentuierung ist der [[b:Begriff]] von der [[e:Ethnologie]] nach dem Zweiten Weltkrieg aufgenommen worden. Von dort ist er seit den 1970er Jahren in die Politikwissenschaft diffundiert. Auf einen allgemeinen Nenner gebracht, dient der Begriff der Analyse »informeller <!--[-->[[m:Macht|Macht]]<!--]-->verhältnisse, die auf dem Tausch von Vergünstigungen zwischen zwei Personen (auch zwischen zwei Gruppen) in ungleicher Position gründen«: eine »höhergestellte Person« (Patron) setzt ihren Einfluss und ihre Mittel ein, um einer »niedriger gestellten Person« (Klient) »Schutz oder Vorteile zu verschaffen, die dafür Unterstützung und Dienste anbietet. [...] Der Inhalt des Tausches ist konkret und diffus, seine Anstöße sind zweckorientiert und partikulär.« (Caciagli 1997; vgl. Médard 1976) Die Forschungen, die auf einen solchen kategorialen Zugriff bauen, haben sich darin verdient gemacht, die von der <!--[-->[[m:Modernisierung|Modernisierungs]]<!--]-->theorie allzu oft geleugnete staatsbildende Funktionalität vorvertraglicher sozialer und politischer Beziehungen aufzuhellen. Sie unterstützen aber gleichzeitig die inner- wie außerhalb des Wissenschaftsbetriebs verbreitete Tendenz, den herrschaftskritischen [[g:Gebrauchswert]] des K-Begriffs brachliegen zu lassen. |
- | ➫ [[b:Bauernkrieg]], [[b:Beamte]], [[e:Entwicklungsländer]], [[f:Familie]], [[f:Feudalismus]], [[h:Herrschaft]], [[k:Kazikentum]], [[k:Klassenherrschaft]], [[k:Knechtschaft]], [[k:Kolonialismus]], [[k:Konsens]], [[k:Korruption]], <!--[-->[[k:kulturstudien_cultural_studies|Kulturstudien]], Modernisierung, moralische Ökonomie, Paternalismus, Patriarchat, Peronismus, Sklaverei/Sklavenhaltergesellschaft, Staat, Subalternität, ungleiche Entwicklung, Ungleichzeitigkeit | + | ➫ [[b:Bauernkrieg]], [[b:Beamte]], [[e:Entwicklungsländer]], [[f:Familie]], [[f:Feudalismus]], [[h:Herrschaft]], [[k:Kazikentum]], [[k:Klassenherrschaft]], [[k:Knechtschaft]], [[k:Kolonialismus]], [[k:Konsens]], [[k:Korruption]], <!--[-->[[k:Kulturstudien (Cultural Studies]], [[m:Modernisierung]], [[m:moralische Ökonomie]], Paternalismus, Patriarchat, Peronismus, Sklaverei/Sklavenhaltergesellschaft, Staat, Subalternität, ungleiche Entwicklung, Ungleichzeitigkeit |