Ethik
A: ‛ilm al-aḫlāq. – E: ethics. – F: éthique. – R: ėtika. – S: ética. – C: lunli 伦理
Gerhard Schweppenhäuser
HKWM 3, 1997, Spalten 874-895
Eine exakte Abgrenzung vom Begriff der Moral ist schwierig, denn beide Begriffe hängen, auch wortgeschichtlich, eng miteinander zusammen. Vielfach werden sie synonym verwendet, etwa bei Marx, in dessen Theorie E auch terminologisch keine tragende Rolle spielt. Sitte, Brauch, Gewohnheit, Charakter – das sind gemeinsame Bedeutungen des griechischen ἦθος und des lateinischen mos. Differenz und Zusammenhang beider Begriffe kommt einleuchtend in Luhmanns Formel zum Ausdruck, »Ethik als Reflexionstheorie der Moral« zu fassen (1989). Moral wird dann verstanden als das jeweilige gesellschaftliche System sittlicher Normen, während E die Theorie von deren Begründung ist. Heute wird der Begriff E in diesem Sinne oft auch gleichbedeutend mit Moralphilosophie verwendet, um ihn von der Praxis – Moral, Sitten und Gebräuche – abzugrenzen. Kann in diesem Sinne »Moralphilosophie« aber ganz allgemein das Nachdenken über Moral bezeichnen, auch das moralkritische, steht »E« als »Theorie und System moralischen Handelns« (HWPh 2) zumeist für Bemühungen, eine präskriptive, auf wohlbegründeten Prinzipien fundierte verbindliche Lehre zu formulieren, an der die Individuen ihr Handeln orientieren sollen und können.
Eine andere Unterscheidung zwischen E und Moralphilosophie in der neueren Diskussion verweist darauf, dass gegenwärtige »Ethiker« meist in einer aristotelischen und hegelischen Tradition stehen; sie fragen nach den Prinzipien des guten Lebens und vertreten die Auffassung, dass dieses nur in Gemeinschaften von je partikularer, gleichwohl substanzieller Sittlichkeit möglich sei, deren Mitglieder sich an Werten und Kontexten ausrichten. Hier sind Vorstellungen von Bindung und Tugenden zuständig. »Moralphilosophen« dagegen stehen eher in einer kantischen Tradition; im Horizont von Freiheit und Pflicht bemühen sie sich um die Bestimmung von Prinzipien des richtigen Handelns, als die nur solche in Frage kämen, die rational begründbar und kontextunabhängig seien und somit einen universalen Geltungsanspruch erheben könnten.
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