Engelsismus
A: fikr ingilz. – E: engelsianism. – F: engelsianisme. – R: ėngel’sizm. – S: engelsianismo. – C: Engesi zhuyi 恩格斯 主义
Sven-Eric Liedman
HKWM 3, 1997, Spalten 384-392
In gewisser Hinsicht ist das, was man seit etwa 1890 allgemein als »Marxismus« bezeichnet hat, mehr eine Schöpfung von Friedrich Engels als von Karl Marx, so dass Arnold Künzli sagen konnte, der Ausdruck »E« wäre eigentlich treffender (Hirsch 1968). Die Schriften, die von den Sozialisten allgemein studiert wurden, waren der Anti-Dühring und seine Kurzfassung Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft viel mehr als Das Kapital. Es ist Engels und nicht Marx, der eine Weltanschauung, angeblich marxistisch, entwickelt hat. Für die Arbeiterführer und sozialistischen Theoretiker war Engels in den ersten Jahren der II. Internationale die unbestrittene Autorität, eben das Orakel, das man in allen theoretischen und politisch-strategischen Angelegenheiten um Rat fragen konnte. Es ist also notwendig, den E im Marxismus kenntlich zu machen. »Ist es doch eine offene Frage« wie Heinz Maus festgestellt hat, »ob Engels’ populäre Darstellung des historischen Materialismus, die die Theorie breiten Kreisen erst erschloss, sie nicht auch, unbeabsichtigt gewiss, an den herrschenden Positivismus annäherte und damit Bernsteins Revision des Marxismus ebenso wie dem Austromarxismus und dem Diamat, dem Positivismus sowjetischer Observanz, den Weg bereitete: der sei’s ethisch, sei’s szientifisch verbrämten Anpassung ans just Bestehende.« (1981)
Der orthodox marxistisch-leninistische Mythos sieht Marx und Engels als geistige Zwillinge, die aus praktischen Gründen verschiedene Arbeitsaufgaben auf sich nahmen.
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