Extreme
A: ittiǧāhāt mutaṭarrifa. – E: extremes. – F: extrêmes. – R: krajnosti. – S: extremos. – C: jiduan 极端
Thomas Weber
HKWM 3, 1997, Spalten 1198-1208
Extrem, »äußerst«, im 17. Jh. vom frz. extrême entlehnt, das aus lat. extremus, dem Superlativ von externus, »außen« hervorgeht. Entsprechend übersetzt Lalande frz. extrême mit »Äußerstes«. Er unterscheidet die Bedeutung ›an der Grenze‹, metaphorisch gesteigert zu ›in höchstem Maße‹; in der Logik heißen E die ›Außenbegriffe‹ des Syllogismus im Gegensatz zum mittleren Term.
Mitte (μέσον, »das Mittlere«, μεταξύ, »dazwischen«) und E (ἄκρα, »Spitze, Gipfel«; ἔσχατα, »Letztes, Äußerstes«) werden durch Aristoteles zu Grundbegriffen der philosophischen Grammatik. Dabei greift schon Aristoteles auf eine zum Gemeinplatz gewordene sozialethische Denkform zurück: »Das Mittlere ist bei weitem das Beste, ein Mittlerer möchte ich in der Stadt (πόλις) sein«, heißt es bei Phokylides von Milet (um 600 v.u.Z.; zit. Pol 1295b). Diese Philosophie der Mitte im Sinne der Ablehnung von Maß- und Grenzenlosigkeit kann verstanden werden als »Ablehnung der schrankenlosen Geldakkumulation und aller mit ihr verbundenen, ›zersetzenden‹ Begleiterscheinungen« der Polis (Müller 1977). Sie ist so die philosophische Formgebung der Entschärfung von Klassengegensätzen, besonders zwischen Großgrundbesitzern und verschuldeten Bauern, wie sie die Akte des athenischen ›Gesetzgebers‹ Solon (um 590) anzielt.
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