Ethnologie

A: ‛ilm al-ǧama‛āt al-insānīya al-mu‛āṣira. – E: ethnology. – F: ethnologie. – R: ėtnologija. – S: etnología. – C: minzuxue 民族学

Marcello Massenzio (GG) (I.), Bernd Jürgen Warneken (II.)

HKWM 3, 1997, Spalten 926-930

I. Um das Verhältnis von Marxismus und E zu beschreiben, empfiehlt es sich, zunächst einige Grundzüge der E zu bedenken. Diese kann als die Wissenschaft von den ›nicht-abendländischen‹ Völkern beschrieben werden, deren historische Aspekte – mit Blick auf eine dynamische Komplexität – sie zu betrachten sucht. In theoretischer Hinsicht betrifft das Schlüsselproblem der E das Verhältnis des ›Eigenen‹ (der ›abendländischen‹ Welt) zum ›Anderen‹ (der ›nicht-abendländischen‹ Welt) und damit ein Verhältnis, das mit dem historischen Kontext des politischen Handelns beider Subjekte selbst Veränderungen unterworfen ist.

Die E entstand als Wissenschaft im Zusammenhang mit der Bildung eines kulturellen Maßstabes, der nicht auf die ›abendländische‹ Menschheit beschränkt ist. In diesem Sinne wird auch Edward Burnett Tylors Primitive Culture (1871) als Bezugspunkt angesehen. In diesem Werk findet die vom britischen Evolutionismus in Gang gesetzte theoretische Entwicklung ihren vollendeten und systematischen Ausdruck.

II. Eine ›E der eigenen Gesellschaft‹ wird in Deutschland im Fach ›Volkskunde‹ betrieben. Beeinflusst u.a. vom herderschen Begriff der ›Volksseele‹ und der germanistischen Altertumskunde der Gebrüder Grimm, war die Forschung zunächst vor allem philologisch ausgerichtet (Sprach-, Erzähl-, Volksliedforschung). Später wandte sich das Fach zunehmend auch der Sachkultur- und der Arbeitsmittelforschung zu, dies allerdings fast nur für den bäuerlichen und handwerklichen Bereich. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jh., als sich das Fach an einigen Universitäten etabliert, definieren führende Volkskundler ihren Fachgegenstand in Anlehnung an das Primitivismus-Konzept in der damaligen E (Tylor; Lévy-Bruhl) als die ›Unterschicht der Kulturnation‹, den ›Mutterboden‹, der aller historischen und individuellen Entwicklung unterlegt sei (vgl. Dietrich 1902).

Bis über den Zweiten Weltkrieg hinaus im Bann einer konservativen Soziallehre oder einer völkischen Germanen- und Bauerntumsverherrlichung stehend, entwickelt sich die volkskundliche Forschung in den letzten Jahrzehnten des 20. Jh. zu einer in ihren theoretischen Konzepten pluralistischen E der Alltagskultur insbesondere mittlerer und unterer Sozialgruppen. Mit dieser Reformbewegung, die an einigen Universitäten zu neuen Fachbezeichnungen (u.a. »Empirische Kulturwissenschaft«, »Europäische E«) führt, geht teilweise auch eine Hinwendung zur Arbeiterkulturforschung einher, wobei neomarxistische Ansätze (Edward P. Thompson; Raymond Williams; Paul Willis) einen bedeutsamen Einfluss haben.

Aneignung, Anthropologie, Bedeutung, Biologismus, Edukationismus, Entwicklung, Erziehung, Ethnie/Ethnizität, Ethnozentrismus, Eurozentrismus, Evolution, Evolutionismus, Familie, Fortschritt, germanische Gemeinde, Geschichte, geschichtslose Völker, Kolonialismus, Kommunismus, Kultur, Menschenbild, Nation, Popularliteratur, Produktionsweise, Produktivkräfte, Rassismus, Sprache, Subalternität, Symbol, Verwandtschaft, Volk, Zivilisation

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