Erneuerung
A: taǧdīd. – E: renewal. – F: rénovation. – R: obnovlenie, perestrojka. – S: renovación. – C: gexin 革新
Michael Schumann
HKWM 3, 1997, Spalten 777-785
Nachdem ›E des Marxismus‹ bis 1989 immer wieder als kritisches Projekt im ›westlichen Marxismus‹ auftauchte, wurde E in der Krise und nach dem schließlichen Zusammenbruch des staatsmonopolistischen Sozialismus und der mit ihm verbundenen Parteien außerhalb des ›sozialistischen Lagers‹ zu einem Schlüsselwort. Um den Sinn von E und ›Neugründung‹ wird gestritten.
E bezeichnet ein Neu-Machen, das auch bloßes Renovieren bzw. Wiederholen sein kann. Etymologisch differenziert E nicht zwischen einem innovativen und einem lediglich restaurativen Erneuern. Im Kontext sozialistischer und marxistischer Theorie und Politik wurde und wird E in verschiedenen Bedeutungsvarianten benutzt. So gilt die ›grundlegende E der gesellschaftlichen Existenzbedingungen‹ auch als Synonym für ›soziale Revolution‹. E assoziiert in diesem Kontext ein Infragestellen des Bestehenden mit dem Anspruch ›grundlegender‹ bzw. ›radikaler‹ Veränderung, die ihren Maßstab nicht der Vergangenheit entlehnt, also nicht zu einer Rekonstitution hergebrachter Herrschafts- und Machtverhältnisse – wenn auch in veränderter Form – führt.
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