Fernsehen

A: tilifiziūn. – E: television. – F: télévision. – R: televidenie. – S: televisión. – C: dianshi

Richard Dienst (BB)

HKWM 4, 1999, Spalten 331-343

F ist das vertrauteste und vielleicht bedeutsamste Artefakt eines epochalen Prozesses, in dem technische Erfindung, kulturelle Reorganisation und die Kontrolle des öffentlichen Diskurses immer wieder von starken kapitalistischen Imperativen angetrieben werden. Das F ist eine Maschine, die nicht nur am besten innerhalb kapitalistischer Strukturen funktioniert, sondern diese auch reproduziert und stützt.

Kritische Theoretiker haben das F von jeher als ein wesentliches Symptom der Nachkriegsära angesehen, aber die Bedeutung dieses Symptoms unterschiedlich beurteilt. Im Allgemeinen haben sie entweder die spezifischen ideologischen Positionen und kulturellen Werte untersucht, die von F-Sendungen verbreitet werden – und dabei ebenfalls die Möglichkeiten radikal neuer Formen kultureller Erfahrung reflektiert –, oder sie haben die Art und Weise untersucht, wie aus dem F eine gesellschaftliche Technologie im weitesten Sinne wurde, d.h. ein scheinbar universeller Vermittler mit der Fähigkeit, die Kreisläufe ökonomischer Verwertung mit der Reproduktion gesellschaftlicher Verhältnisse sowie der Formierung von Subjektivität zu verknüpfen. Die Kritik des F umfasst entsprechend verschiedene Arten der Analyse – von der Untersuchung einzelner Sendungen bis zur theoretischen Beschreibung des F-Systems als Ganzem. Gleichzeitig öffnet sich Kritik des F notwendigerweise nach außen und behandelt fundamentale philosophische und politische Fragen.

Zu Beginn seines Prologs zum Fernsehen (1953) formuliert Adorno die entscheidenden Parameter einer kritischen Reflexion: »Die gesellschaftlichen, technischen, künstlerischen Aspekte des F können nicht isoliert behandelt werden. Sie hängen in weitem Maße voneinander ab: die künstlerische Beschaffenheit etwa von der hemmenden Rücksicht auf die Publikumsmassen, über die hinwegzusetzen nur ohnmächtige Unschuld sich zutraut; die gesellschaftliche Wirkung von der technischen Struktur, auch von der Neuheit der Erfindung also solcher, die in Amerika sicherlich während der Anfangsphase den Ausschlag gab; aber auch von den offenen und versteckten Botschaften, welche die Fernsehproduktion dem Betrachter übermittelt. Das Medium selbst jedoch fällt ins umfassende Schema der Kulturindustrie und treibt deren Tendenz, das Bewusstsein des Publikums von allen Seiten zu umstellen und einzufangen, als Verbindung von Film und Radio weiter.« (…) Neben der Übertreibung der weltgeschichtlichen Rolle des F besteht die größte Gefahr darin, das Ausmaß zu unterschätzen, in dem sich F zu einer gesellschaftlichen Naturkraft entwickelt hat. Deshalb ist es notwendig, das F methodisch entlang von Adornos Unterscheidungen zu untersuchen, um zu seiner Komplexität vorzudringen.

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