antiautoritäre Bewegung

A: al-ḥaraka ghair al-muṭlaqa. – E: anti-authoritarian movement. – F: mouvement antiautoritaire. – R: antiavtoritarnoe dviženie. – S: movimiento antiautoritario. – C: fan quanwei yundong

Frieder Otto Wolf

HKWM 1, 1994, Spalten 321-326

Eines der konstitutiven Probleme marxistischer Politik ist ihr Ringen um die Hegemonie in der sich organisierenden politischen Arbeiterbewegung im Umgang mit den antiautoritären, libertären Strömungen. Die I. Internationale erlebte keine gefährlichere Spaltung als die zwischen »Bakunisten« und »Marxisten« (vgl. MEW 18) und ging an dieser faktisch zugrunde (vgl. Mayer 1975). In diesem Zusammenhang steht sowohl Engels' grundsätzliche Rechtfertigung bestimmter Formen von Autorität und Disziplin als Bedingungen kollektiver Handlungsfähigkeit als auch die nicht weniger grundsätzliche Kritik von Marx an den autoritären Organisationspraktiken der bakunistischen Geheimorganisation.

Die damit formulierte Ausgrenzung des Anarchismus und später auch des Anarchosyndikalismus innerhalb der Arbeiterbewegung behinderte nicht nur die Bearbeitung von verdrängten Problemen des Organisations- und Politikverständnisses der Mehrheit (vgl. Balibar 1983); sie hat auch mehrfach zur Legitimation einer repressiven Politik geführt: etwa in der Niederschlagung des Kronstädter Aufstands durch die neue, noch gefährdete sowjetische Staatsrnacht, der Unfähigkeit der deutschen Mehrheitssozialdemokratie, in der Novemberrevolution mit den »Räten« statt gegen sie zu arbeiten, oder in der Liquidation der katalanischen POUM, die in den Augen stalinisierter Komintern-Vertreter die Handlungsfähigkeit der bedrohten spanischen Republik gefährdete.

Im Zuge der weltumspannenden Welle von Jugendrebellionen, die in den 1960er Jahren von Berkeley über Berlin und Paris reichte und sich z.T. an der chinesischen Kulturrevolution inspirierte, kommt es zu einer erneuten Auseinandersetzung von »Antiautoritären« und »Marxisten«. Ernesto »Che« Guevaras Appelle zur Schaffung eines »neuen Menschen« in der freiwilligen Disziplin der Guerilla finden dabei ein entferntes Echo – »die Revolutionäre müssen sich selber revolutionieren« wird zur verbreiteten Losung, ebenso der offizielle Rebellionsaufruf von Maos »Roten Garden«: »Rebellion ist berechtigt!« Zentral ›massenwirksam‹ sind aber zunächst eher Ansätze wie die der amerikanischen subkulturellen Bewegung und der Amsterdamer »Provos« (vgl. Kommune 2, 1969), aber auch der Pariser »Situationisten« (»Die Phantasie an die Macht«) oder der »Kommune I« in Westberlin, die eine radikale Erneuerung und Zuspitzung der antibürgerlichen Bohèmekultur betrieben.

Anarchismus, Anarchosyndikalismus, Antifaschismus, Antipsychiatrie, Arbeiterbewegung, Autorität, Befreiung, Charisma/charismatische Führung, Disziplin, Emanzipation, Etatismus, Frauenbewegung, Freudomarxismus, Führung, Gegenkultur, Guevarismus, Handlungsfähigkeit, Herrschaft, Institution, internationalistische Bewegung, Kritische Theorie, Kulturrevolution, Langer Marsch, Linksradikalismus, Manipulation, Maoismus, Metropole, Neue Linke, Rätekommunismus, Revolution, Selbstverwaltung, Selbstverwirklichung, Sexpol, Staat, Studentenbewegung, Terrorismus, Trotzkismus, Utopie

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