literary criticism

A: naqd al-’adabī. – F: critique littéraire. – R: literaturnyj kriticizm. – S: crítica literaria. – C: wénxué pīpíng 文学批评

Rüdiger Kunow

HKWM 8/II, 2015, Spalten 1219-1228

Eine marxistisch fundierte Literaturkritik ist bei aller Fülle ihrer Erscheinungsformen im angelsächsischen Raum letztlich immer eine Randerscheinung geblieben. Dies gilt sowohl für Großbritannien und Irland als auch für Nordamerika. Zu fragen ist, wie sich das Projekt eines marxistisch fundierten Umgangs mit literarischen Texten unter diesen Bedingungen vollzieht.

Zunächst ist eine terminologische Disparität zu reflektieren. Der Term »lc« ist in keinem Falle das Pendant zum deutschen Begriff »Literaturkritik«. Dies schon deshalb nicht, weil die Beschäftigung mit literarischen Texten in Großbritannien wie den USA fast nie als ein gesellschaftsbezogenes Projekt verstanden wurde. Die im deutschen Sprachgebrauch von Literaturkritik oft mitschwingende Komponente eines in die gesellschaftliche Diskussion intervenierenden »kritischen Verhaltens, dessen Absichten über die der herrschenden gesellschaftlichen Praxis hinausgehen« (Horkheimer, GS 4, 183), bleibt dem englischen Wortsinn von »criticism« zumeist äußerlich. Dessen Praxis ist geprägt von der durchaus moralisch verstandenen Verpflichtung, durch »sensitive reading« (Handy/Westbrook 1974, 4) die den Werken inhärenten Bedeutungen offenzulegen. Ein so verstandener lc, welcher der französischen »explication de texte« nicht unähnlich ist, hat im New Criticism der 1930er bis 1950er Jahre mit seiner Methode des »close reading« eine kanonische Ausbildung gefunden. Nicht Kritik, sondern Auslegung ist die zentrale methodische Operation. Dem entspricht auch die Rolle des Literaturkritikers als Künder oder Bewahrer, wie sie T.S. Eliot programmatisch definiert hat: »The critic must not coerce, and he [sic] must not make judgements of worse and better. He must simply elucidate« (zit.n. Erzgräber 1970, xliii). Wie die Vorstellung von Kritik als rettende oder bewusstmachende Kritik von angelsächsischen Kritikern zumeist nicht geteilt wird, so bildet auch die Gesamtheit ihrer Interpretationsakte nicht das Gerüst einer wie in Deutschland als Literaturwissenschaft firmierenden akademischen Disziplin. Für diesen Begriff existiert ebenfalls kein englisches Pendant; der stattdessen häufig verwendete Begriff lc steht vielmehr für eine (akademische) Gesamtpraxis ebenso wie für den Einzelakt des »defining, classifying, expounding, and evaluating works of literature« (Abrams 1971, 36).

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