gerechter Lohn
A: aǧr ‛ādil. – E: just wages. – F: salaire juste. – R: spravedlivaja zarplata. – S: salario justo. – C: yingde de gongzi 应得的 工资
Gilles Campagnolo (AG), Thomas Marxhausen
HKWM 5, 2001, Spalten 345-357
Das Problem des gL ist zentrales Moment in der seit dem zweiten Drittel des 19. Jh. geführten Auseinandersetzung um die ›soziale Frage‹ oder ›Arbeiterfrage‹. Die Antworten auf diese ›Frage‹ liefen darauf hinaus, die Arbeiter durch soziale Sicherungen ins kapitalistische System einzubinden oder alle sozialen Probleme durch die Beseitigung des Kapitalismus zu lösen. Diesen Standpunkt pointiert Marx in Lohn (1865): »Statt des konservativen Mottos: ›Ein gerechter Tagelohn für ein gerechtes Tagewerk!‹« solle die Arbeiterklasse »auf ihr Banner die revolutionäre Losung schreiben: ›Nieder mit dem Lohnsystem!‹« (…). – Die Diskussion darüber, ob gL durchsetzbar sei, erfuhr durch den Aufschwung des gewerkschaftlichen Kampfes eine unvermittelte Politisierung. In lohnfondtheoretischen Vorstellungen befangene Vorbehalte gegen Gewerkschaften stießen mit der marxistischen Konzeption zusammen, Lohnkämpfe in der Dialektik von Reform und Revolution zu bewerten. Diese Spannung trug dazu bei, dass sich seit der Wende zum 20. Jh. revolutionäre und reformistische Theorien und Politiken distanziert bis feindlich gegenüberstehen. – Auch wenn der Term kaum noch verwendet wird, sind die ihm zugrunde liegenden Vorstellungen und Ziele keineswegs aufgegeben. In jeder Tarifverhandlung wie im Kampf gegen neoliberale Sozialdemontage schwingt die alte Forderung nach einer gerechten Verteilung der Arbeit wie deren Früchte im betrieblichen wie globalen Maßstab mit.
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