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- | Parmenides lässt in seinem Lehrgedicht die Göttin //Dike //(Recht) zwei verschiedene Wege des Wissens enthüllen, den »der wohlgerundeten Wahrheit« (ἀληθείης εὐκυκλέος) und den der »Meinungen (δόξας), denen nicht innewohnt wahre Gewissheit« (DK). Entsprechend lässt sich die //Doxa //(aus δοκέω, ›meinen, scheinen‹) als terminologische Vorläuferin der I auffassen. Die lateinische //illusio //stellt die Verbindung zum Bedeutungsfeld von ›spielen‹ her: //illudere //enthält //ludere //(spielen) und bedeutet zunächst ›etwas spielend (mit Leichtigkeit) hinwerfen‹ und von dort aus ›mit jemandem sein Spiel treiben‹, ›spotten‹, ›täuschen‹. //Ludius //ist der Possenreißer, der die anderen zum Narren hält; //illusor //der Spötter und //illusio //sowohl die Verspottung als auch die Täuschung. Dass diese zweite Bedeutung sich im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt hat, ist v.a. der Frontstellung des Rationalismus gegen die Sinnestäuschungen geschuldet. In der antiken Doppelbedeutung benutzt z.B. Pierre Bourdieu den Begriff, wenn er die //illusio //dahingehend definiert, dass man im gesellschaftlichen Spiel »befangen und gefangen« ist, nämlich im Sinne einer »stillschweigenden [[a:Anerkennung]] des Wertes der [[i:Interesse]]nobjekte, die in ihm auf dem Spiel stehen« (Bourdieu/Wacquant 1996). Der junge Marx verfolgt zunächst ein Desillusionierungsprojekt ausgehend von dem Gedanken, »dass die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewusstsein besitzen muss, um sie wirklich zu besitzen« (…), eine Position, die er ein Jahr später zusammen mit Engels den »Phantasien […] der neuern junghegelschen Philosophie« zurechnen und in die praxisorientierte Gesellschaftswissenschaft des [[h:historischer Materialismus|historischen Materialismus]] übersetzen wird. | + | Parmenides lässt in seinem Lehrgedicht die Göttin //Dike //(Recht) zwei verschiedene Wege des Wissens enthüllen, den »der wohlgerundeten Wahrheit« (ἀληθείης εὐκυκλέος) und den der »Meinungen (δόξας), denen nicht innewohnt wahre Gewissheit« (DK). Entsprechend lässt sich die //Doxa //(aus δοκέω, ›meinen, scheinen‹) als terminologische Vorläuferin der I auffassen. Die lateinische //illusio //stellt die Verbindung zum Bedeutungsfeld von ›spielen‹ her: //illudere //enthält //ludere //(spielen) und bedeutet zunächst ›etwas spielend (mit Leichtigkeit) hinwerfen‹ und von dort aus ›mit jemandem sein Spiel treiben‹, ›spotten‹, ›täuschen‹. //Ludius //ist der Possenreißer, der die anderen zum Narren hält; //illusor //der Spötter und //illusio //sowohl die Verspottung als auch die Täuschung. Dass diese zweite Bedeutung sich im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt hat, ist v.a. der Frontstellung des Rationalismus gegen die Sinnestäuschungen geschuldet. In der antiken Doppelbedeutung benutzt z.B. Pierre Bourdieu den Begriff, wenn er die //illusio //dahingehend definiert, dass man im gesellschaftlichen Spiel »befangen und gefangen« ist, nämlich im Sinne einer »stillschweigenden [[a:Anerkennung]] des Wertes der [[i:Interesse|Interessen]]objekte, die in ihm auf dem Spiel stehen« (Bourdieu/Wacquant 1996). Der junge Marx verfolgt zunächst ein Desillusionierungsprojekt ausgehend von dem Gedanken, »dass die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewusstsein besitzen muss, um sie wirklich zu besitzen« (…), eine Position, die er ein Jahr später zusammen mit Engels den »Phantasien […] der neuern junghegelschen Philosophie« zurechnen und in die praxisorientierte Gesellschaftswissenschaft des [[h:historischer Materialismus|historischen Materialismus]] übersetzen wird. |
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