A: waṭanī/qawmī. – E: national/nationalistic. – F: national/nationaliste. – R: nacional’nyj/nacionalističeskij. – S: nacional/nacionalista. – C: mínzú de / mínzúzhǔyì de 民族的/民族主义的

Thomas Scheffler

HKWM 9/II, 2024, Spalten 1802-1820

Politische Bewegungen, die ihre Agenda aus der Identifikation mit einer ›Nation‹ und deren vermeintlichen Interessen ableiten, haben die Geschichte des Sozialismus von Beginn an teils als Gegner, teils als Bündnispartner begleitet. Im Marxismus hat sich bei der Beurteilung solcher Bewegungen eine Unterscheidung zwischen national und nationalistisch durchgesetzt. Dabei steht nationalistisch für negativ bewertete Tendenzen: den nationalen Egoismus, die Überhöhung der eigenen Nation, die Abwertung anderer Völker, die Verschleierung der Klassengegensätze im Innern einer Nation, die Spaltung der internationalen Solidarität der Arbeiterklasse. Das Attribut national hingegen wird, ausgehend von den Errungenschaften der Französischen Revolution, mit positiv konnotierten Werten verbunden: der Idee der Volkssouveränität und der Einbeziehung breitester Volksschichten in die Regierung, dem Stolz auf die demokratisch-revolutionären Traditionen des eigenen Volks, seine Sprache und Kultur, dem Kampf gegen Fremdherrschaft und nationale Unterdrückung, dem Eintreten für Gleichberechtigung und internationale Verständigung der Völker. Die im konkreten Einzelfall vorzunehmende Differenzierung zwischen unterstützenswerten nationalen Anliegen und zu bekämpfenden nationalistischen Tendenzen ist ein Problem marxistischer Theorie und Praxis geblieben.

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