japanischer Faschismus

A: al-fāšīya al-yabānīya. – E: Japanese fascism. – F: fascisme japonais. – R: japonskij fašizm. – S: fascismo japonés. – C: Rìběn fǎxīsī zhǔyì 日本法西斯主义

Andreas Hippin

HKWM 6/II, 2004, Spalten 1603-1612

Der Begriff jF ist umstritten. Die Mehrheit der westlichen Historiker ist der Ansicht, dass Japan in den Jahren vor und während des Zweiten Weltkrieges nicht als faschistisches Regime verstanden werden kann. Von einem jF zu sprechen, wäre ihrer Meinung nach eine unzulässige Übertragung einer aus der europäischen Geschichte stammenden Kategorie. Anhand des deutschen F z.B. wird darauf verwiesen, dass Japan eine Reihe der erforderlichen Voraussetzungen – ›Machtergreifung‹, Massenbewegung, Führer, etc. – nicht aufweisen konnte. Zudem wurde auf Grund der politischen Besetzung des Begriffs als Kampfbegriff seit den 1970er Jahren immer mehr davon abgerückt, einen allgemeinen F-Begriff zu entwickeln. Die vergleichende F-Forschung hat sich angesichts der bereits bei Vergleichen von Deutschland und Italien entstehenden Schwierigkeiten bislang kaum damit beschäftigt, Untersuchungen jenseits der klassischen Beispiele anzustellen – etwa die Faschisierungsprozesse in Japan und Italien miteinander zu vergleichen. »Wer den Faschisierungsprozess in Japan begreifen will, muss sich freimachen von den vorherrschenden, an der faschistischen Partei orientierten F-Theorien«, so Dirk Böttcher (1989). Das Modell des »totalen Führerstaats auf kleinbürgerlicher Massenbasis« treffe die Realität in Italien ebensowenig wie in Japan.

Für die meisten japanischen Wissenschaftler war Japan vor 1945 faschistisch. Sie sprechen von einem ›F von oben‹ oder von einem ›F von innen heraus‹. Der Begriff F wurde schon früh von der extremen Rechten Japans angenommen: Bereits im Januar 1932 gründeten Journalisten und Rechtsanwälte mit der Faschistischen Liga Japans (Nihon fashizumu renmei) eine Organisation, die das aus dem Westen übernommene Wort im Namen führt. Japanische Historiker sprechen auch von ›Nationalsozialismus‹, bes. wenn es um die Anhänger des ›Staatssozialismus‹ (kokka shakai shugi) wie etwa Kita Ikki (1883-1937) geht. Der zugrundeliegende Begriff lässt sich auf beide Arten übersetzen, was für einige Verwirrung sorgt. Masato Miyachi und Masao Nishikawa bieten eine F-Definition, die die Beschränkung auf den italienischen und deutschen ›Prototyp‹ überwindet: »Der F ist Ausdruck eines ›verspäteten‹ Imperialismus, der auf dem Hintergrund der bolschewistischen Revolution und des Ersten Weltkrieges gegen Demokratie, Marxismus und Antikolonialismus kämpfte. Der F ist die Übersteigerung des Imperialismus; historisch entstand er mehr oder weniger als Resultat von Kompromissen zwischen den ›autoritär-reaktionären‹ und den ›pseudo-revolutionären‹ Kräften« (1990).

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