Mexikanische Revolution
A: aṯ-ṯaura al-maksīkīya. – E: Mexican Revolution. – F: révolution mexicaine. – R: meksikanskaja revoljucija. – S: Revolución mexicana. – C: Mòxīgē gémìng 墨西哥革命
Enrique Semo (PJ)
HKWM 9/I, 2018, Spalten 834-849
Die moderne Entwicklung Mexikos ist entscheidend von dem tiefgreifenden revolutionären Prozess geprägt, den das Land zwischen 1910 und 1940 erlebte. Dieser ging aus von einer von allen sozialen Schichten getragenen revolutionären Bewegung gegen das seit 34 Jahren bestehende Regime des Diktators Porfirio Díaz und führte über den von Francisco Ignacio Madero unternommenen Versuch einer liberal-demokratischen Umgestaltung, die auf einen Ausgleich zwischen Oligarchie und arbeitendem Volk orientierte, und dem Restaurationsversuch von Victoriano Huerta zur endgültigen Überwindung des alten Regimes durch die radikal revolutionären Kräfte im Sommer 1914. Zugleich aber verwickelten sich diese in einen blutigen Bürgerkrieg, der mit dem Sieg des bürgerlich-liberalen Lagers endete. Im Februar 1917 wurde eine sehr fortschrittliche Verfassung angenommen, die in entscheidenden Punkten mit dem alten Regime brach. Dennoch wirkten in der weiteren Entwicklung neben progressiven immer wieder auch restaurative Tendenzen. Während der Stabilisierung der Ergebnisse der Revolution zwischen 1920 und 1940 wurden deren Erfolge und Misserfolge sowie die Grundzüge des neuen Staates deutlich.
Mit dem Abschluss der Revolution 1940 begann eine ›samtene‹ Restauration, d.h. keine offene Konterrevolution, sondern ein langer Prozess mit vielen Wendungen. Seine Komplexität und Widersprüchlichkeit muss unverständlich bleiben, wenn man die spezifischen nationalen Züge der Revolution nicht berücksichtigt wie etwa die schwierige, partikularistische Interessen begünstigende Geographie des Landes, die spärliche, über Tausende von mehr oder weniger isolierten Gemeinden und einige urbane Ballungszentren verstreute Bevölkerung, die tiefgreifenden Unterschiede zwischen Norden, Mitte und Süden; hinzu kommen die Macht des Katholizismus einerseits und folglich des revolutionären Jakobinismus andererseits, der ideologische Eklektizismus, das charismatische Führertum (caudillismo), das Kazikentum, der Klientelismus, die Treue zur Heimat und zur erweiterten Familie.
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