Massenkommunikation

A: ’ittiṣāl al-ǧamāhīrī. – E: mass communication. – F: communication de masse. – R: massovaja kommunikacija. – S: comunicación de masas. – C: dàzhòng chuánbō 大众传播

Michel Sénécal (PJ)

HKWM 9/I, 2018, Spalten 54-65

»Die Geschichte der großen Systeme der M könnte ausgehend von der Untersuchung der impliziten oder expliziten Anordnungen geschrieben werden, welche die sozialen Allianzen durchziehen: Anordnungen, die bestimmen, welche Klassen und Gruppen profitieren, und die andere der Macht berauben, ihre eigene Identität zu definieren; […] Anordnungen schließlich, die festlegen, […] was eine ›legitime‹ Kultur ist. Das Bewusstsein dieser Tatsache erlaubt es zu verstehen, warum heute mehr denn je […] die Kommunikationssysteme bestimmen, was das demokratische Leben ausmacht.« (Mattelart 1983c/2015, III, 274)

Wie eine Vielzahl anderer wie selbstverständlich gebrauchter Begriffe müssen die der M und Massenmedien ausgehend von einer kritischen, die historischen und geopolitischen Dimensionen erfassenden Epistemologie erneut vorgenommen werden, um ihrer Genese und Materialität Rechnung zu tragen. Denn die materialistische Dialektik wird der »konstituierenden widersprüchlichen Elemente« am besten habhaft; sie dient der »Aufdeckung der Bewegung und der Dynamik, die durch diese Widersprüche ausgelöst werden« (Mandel 1975/1979, 189). Gesucht ist also keine funktionalistische Definition, die die Medien vom gesellschaftlichen Gesamtprozess isoliert und sie nurmehr nach technischer Grundlage (Presse, Radio, Fernsehen, Internet), Aufgabe (Unterhalten, Informieren, Erziehen, Werben) oder Inhalt (Kategorien, Genres, Formate) fasst. Auch ein behavioristischer Ansatz, der M psychologisierend auf Individuen reduziert und damit die Medien zu einem Phänomen sozialer Kontrolle – entkoppelt von anderen Instanzen der Machtausübung – banalisiert, kommt nicht in Frage. Es geht vielmehr darum, die Massenmedien als Ergebnis der Dynamik der gesellschaftlichen Verhältnisse zu begreifen sowie die konkreten Formen, die die Massenmedien innerhalb der materiellen Welt annehmen. »Die herrschenden Gedanken sind weiter Nichts als der ideelle Ausdruck der herrschenden materiellen Verhältnisse […]; also der Verhältnisse, die eben die eine Klasse zur herrschenden machen, also die Gedanken ihrer Herrschaft.« (DI, 3/46) In der Tat, »wenn wir die manifesten Produkte [der Massenmedien] nicht mit der ihre Produktion hervortreibenden Globalität des Systems in Zusammenhang bringen, ist es unmöglich, die Funktion jedes einzelnen zu erfassen und vor allem die ideologische Achse offenzulegen, entlang der sich ihre Inhalte strukturieren, die sie kohärent macht und an der Gestaltung einer verallgemeinerten Lebensweise teilhaben lässt« (Mattelart 1974/2015, I, 148). ›Kultur‹, ›Kommunikation‹ oder ›Gesellschaft‹ bezeichnen ja nicht nur bestimmte Realobjekte, sondern sind der jeweiligen historisch spezifischen Auffassung der Wirklichkeit selbst inhärent. Das Denken der Medien muss also ihre Geschichtlichkeit in Betracht ziehen. M ist mithin als eine Konstruktion zu untersuchen, die sich vom Prozess der kapitalistischen Produktion und der in ihre Reproduktion eingreifenden ideologischen Apparate nicht trennen lässt. »Denn der tiefere Sinn des Prozesses besteht ja darin, kein Ding ohne Beziehung zum andern zu lassen, sondern alle zu verknüpfen, wie er auch alle Menschen (in Form von Waren) allen Menschen ausliefert, es ist eben der Prozess der Kommunikation schlechthin.« (Brecht, Der Dreigroschenprozess, 1931, GA 21, 474f)

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m/massenkommunikation.txt · Zuletzt geändert: 2018/03/20 09:52 von flo     Nach oben
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