Meritokratie

A: mīritiqrāṭīya. – E: meritocracy. – F: méritocratie. – R: meritokratija. – S: meritocracia. – C: jīngyīng tǐzhì 精英体制

Florian Busch

HKWM 9/I, 2018, Spalten 628-633

M bezeichnet eine Gesellschaft, in der politische Macht und ökonomischer Reichtum als durch Leistung ›verdient‹ gerechtfertigt werden. Was als Leistung gilt und wer sie bewertet, ist Ausdruck und Stütze der herrschenden Verhältnisse. Noch ohne als solches bezeichnet worden zu sein, diente das meritokratische Prinzip eines auf »Tüchtigkeit und Begabung« gründenden »natürlichen Adels« dem Bürgertum als Hebel gegen die »künstlichen«, auf »Reichtum und Geburt« basierenden Privilegien der Ständegesellschaft (Jefferson 1813/1993, 277). Freilich ließ sich die Kategorie der »Begabung«, verstanden »als angeborene Veranlagung und Befähigung zu bestimmten Leistungen« (Wewetzer 1971, 775), auch zur Rechtfertigung nunmehr auf Leistung beruhender Privilegien in Dienst nehmen.

Die in der bürgerlichen Gesellschaft vorherrschende Auffassung, dass Erfolg oder Misserfolg allein in der Verantwortung des Einzelnen liegen, bezeichnet Jo Littler als »ideologischen Mythos« (2013, 55), der soziale und ökonomische Ungleichheit zu rechtfertigen vermag. Das Versprechen, man könne durch Leistung aufsteigen, schweigt über die Diskrepanz zwischen der Zahl der verfügbaren Spitzenpositionen und der Menge der um sie konkurrierenden Individuen und stachelt zugleich deren Leistungs- und Anpassungsbereitschaft an. Dass die meritokratische Anrufung, die die Subjekte zur Verinnerlichung von antagonistischer Leistungskonkurrenz in fremdbestimmtem Rahmen anhält, funktioniert, lässt sich mit der Kritischen Psychologie als Ringen um »restriktive Handlungsfähigkeit« (Holzkamp 1983, 374f) begreifen.

Arbeit, Arbeitsmarkt, Arbeitsteilung, Armut/Reichtum, Autorität, Bildung, bürgerliche Gesellschaft, Darwinismus, Distribution, Egalitarismus, Elite, Emanzipation, Familienarbeit/Hausarbeit, Frauenarbeitspolitik, Frauenemanzipation, Führung, geistige und körperliche Arbeit, Gerechtigkeit, Geschlechterverhältnisse, Gleichheit, Handlungsfähigkeit, Hausfrau, Herrschaft, herrschaftsfreie Gesellschaft, herrschende Klasse, Hierarchie/Antihierarchie, Ich-AG, Ideologiekritik, Ideologietheorie, Intelligenz, Kalvinismus/Puritanismus, Kapitalismus, Klassenherrschaft, Klassenkampf, Klassenkompromiss, Klientelismus, Kompetenz, Kompetenz/Inkompetenz, Konkurrenz, Kopf und Hand, Leistung, Leitung, Macht, Macht-Elite der USA, Managerherrschaft, Managerklasse, Milieu (soziales), Neoliberalismus, Normen, organische Intellektuelle, Phrase, Quotierung/Quotenkampf, Redistribution, Selbstverwirklichung, Sozialdarwinismus, Sozialstaat, technische Intelligenz, Ungleichheit, Vergesellschaftung, weibliche Bildung

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