Gesellschaftsvertrag
A: al-‛aqd al-iǧtimā‛ī. – E: social contract. – F: contrat social. – R: obščestvennjy dogovor. – S: contrato social. – C: shehui xieyue 社会契约
Hermann Klenner
HKWM 5, 2001, Spalten 611-629
G-Theorien sind seit dem 5. Jh. v.u.Z. bekannt und wurden in Intervallen bis in die jüngste Gegenwart vertreten. Bei aller sonstigen Unterschiedlichkeit besagen sie, dass sich die Vergesellschaftung des Menschen wie die Verstaatlichung der Gesellschaft mittels eines Vertrages der Individuen untereinander vollzogen haben oder sich vollziehen müssen, wenn sie gerechtfertigt sein sollen. Es handele sich um einen wechselseitigen Vertrag rechtlich ebenbürtiger Menschen, der Gesellschaft und Staat konstituiere und legitimiere oder zumindest die gedankliche Grundlage eines anzustrebenden Gesellschaftszustandes bilden könnte und sollte; infolge der natürlichen Gleichheit aller Menschen erscheint so die Demokratie als naturgegebene Herrschaftsform.
Die G-Konzeption eignet sich sowohl zur Rechtfertigung wie zur Kritik der jeweils bestehenden Gesellschafts- und Staatsordnung. Mit ihr sind revolutionäre, reformerische, aber auch konservative und reaktionäre Gesellschaftsveränderungen begründet worden. Die ihr immanenten Gerechtigkeitskriterien haben zur Aufklärung, aber auch zur Verklärung gesellschaftlicher Widersprüche und Entwicklungsnotwendigkeiten beigetragen. Zumindest jedoch stellt sie die jeweils existierenden Gesellschaftsverhältnisse zur (wenn auch nur) intellektuellen Disposition. – Der G ist keine Kategorie innerhalb der Gedankenwelt von Marx. Gleichwohl haben er und Engels bestimmte Elemente der G-Theorie in ihrer eigenen Gesellschaftstheorie verarbeitet.
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