Kaderpartei
A: ḥizb al kāder. – E: cadre party. - F: parti de cadres. – R: kadrovaja partija. - S: partido de cuadros. - C: ganbu zhengdang 干部政党
Wolfram Adolphi
HKWM 7/I, 2008, Spalten 1-12
Der Term K ist durch den Stalinismus und das Scheitern des Staatssozialismus negativ konnotiert und delegitimiert. Das blockt die Erörterung von Problemen ab, mit denen es eine linke Partei, die machtpolitische Ziele verfolgt, immer wieder zu tun hat: Wie definiert sie sich in einem kapitalistisch-zivilgesellschaftlichen Milieu, wie beim Aufbau des Sozialismus? Wie ist gesichert, dass sie »teilhaftig [wird] des unschätzbaren Unterrichts durch die Massen« (Brecht, Fatzer-Fragment), ohne den sie, wie seit 1989/90 belegt, scheitert? Ist es ihr ›Schicksal‹, früher oder später zur K zu mutieren? Alle Bemühungen um eine Antwort kommen nicht daran vorbei, zum geschichtlichen Phänomen ›K‹ wie zur stets aktuellen Frage nach der Organisationsstruktur einer linken Partei Stellung zu nehmen.
Anfang des 20. Jh. erkannte Robert Michels durch Studien der deutschen Sozialdemokratie: Parteien bewegen sich zwischen der »Scylla der den Gegner begünstigenden Organisationslosigkeit der Massen« und der »Charybdis« des »politisch notwendigen Prinzips der Organisation«, dem unvermeidlich die »Tendenz zur Oligarchie« innewohnt (1909/1968). Wohin diese »Tendenz« führen kann, hat der Stalinismus erwiesen. Während der Blutorgie der Moskauer Prozesse verglich Stalin die KPdSU mit dem Riesen Antaios des antiken Mythos: Wie dieser unbesiegbar blieb, wenn er mit dem Boden (d.h. mit seiner Mutter Gaia, der Erde) verbunden war, so die Bolschewiki, da mit den »Massen […], die sie erzeugt, genährt und erzogen haben«, verbunden (…). Tatsächlich entwickelte die Funktionärskaste der Partei, die »Nomenklatura«, sich zu einer »neuen Klasse« (Djilas 1957), die alle anderen Klassen und Schichten beherrschte. Die KPdSU verlor ihre ›Bodenhaftung‹, die auch durch die Perestrojka nicht wiedergewonnen werden konnte.
➫ Arbeiterstaat, Avantgarde, Beamte, befehlsadministratives System, Berufsrevolutionär, Bolschewisierung, Bürokratie, chinesische Kulturrevolution, Demokratie/Diktatur des Proletariats, demokratischer Zentralismus, despotischer Sozialismus, Diktatur des Proletariats, Disziplin, Elite, Entstalinisierung, Etatismus, Führung, Funktionär, Generallinie, Genosse, GULag, Hegemonialapparat, herrschende Klasse, innerparteiliche Demokratie, Intellektuellenfeindschaft, Kasernenkommunismus, Kontrolle, Kronstädter Aufstand, Maoismus, Massenbewegung, Massenorganisation, Moskauer Prozesse, Neue Linke, Nomenklatura, Oben/Unten, organische Intellektuelle, Partei neuen Typs, Personenkult, politische Klasse, Polizeistaat, Sowjetische Gesellschaft, Sozialdemokratie, Staatsklasse, Stalinismus, Verwaltung, Zensur