Frauensprache

A: luġat an-nisā’. – E: women’s language. – F: language de femme. – R: ženskij jazyk. – S: lenguaje de mujeres. – C: funü yuyan

Claudia Gdaniec

HKWM 4, 1999, Spalten 886-898

Teil der Politik der neuen Frauenbewegung und ihrer Auseinandersetzung mit den Geschlechterverhältnissen wurde in den 1970er Jahren auch die Kritik sprachlicher Diskriminierung. Sprache wurde als Herrschaftsaspekt in Geschlechterverhältnissen erkannt – in unterschiedlicher Gewichtung und Befreiungsperspektive. Sexistische Sprache ist materieller Ausdruck und Träger frauenfeindlicher Ideologien, der sich auf andere gesellschaftliche Praxen auswirkt. Sprache ist elementar für die Unterdrückung und also auch die Befreiung von Frauen, weil sie als soziale Praxis Möglichkeiten, Zwänge und Unmöglichkeiten von Erfahrungsgewinnung, Identitätsbestimmung und Handlungsspielräumen reguliert.

In der internationalen feministischen Diskussion gibt es folgende, teilweise extrem auseinanderliegende und miteinander unvereinbare Positionen: Frauen können in der ›phallogozentrischen‹ Ordnung keine Subjektposition einnehmen, daher nicht authentisch sprechen. Das wäre nur möglich, wenn Frauen ihre eigene Sprache entwickeln würden. – F leitet sich aus der Erfahrung des weiblichen Körpers, aus dem Prozess des Leidens, aus der Marginalität von Frauen in der symbolischen Ordnung ab. – Frauen werden durch Sprache unsichtbar gemacht, erniedrigt oder verniedlicht und auf passive Projektionsflächen reduziert. – Ihre Erfahrungen kommen in der Sprache nicht vor bzw. werden ent-nannt oder aus patriarchaler Sicht umbenannt und umgedeutet. – Frauen werden als Besitz von Männern bzw. in ihrer Verfügbarkeit für Männer benannt und angeredet. – Untereinander sprechen Frauen kooperativ und unterstützend, gemeinschaftsstiftend und -erhaltend. – Im Gespräch mit Männern müssen Frauen die kommunikative Reproduktion sichern, interpersonale empathische/emotionale Arbeit leisten, ohne sie als Arbeit erkennbar werden zu lassen. Dabei werden sie nicht ernstgenommen, überhört, unterbrochen. – Frauen kreischen, tratschen, können sich nicht ernsthaft bzw. nicht über ernsthafte Themen unterhalten. Sie ordnen sich damit selbst sprachlich in die Unterdrückungsverhältnisse ein. – Frauen werden anders als Männer sozialisiert und erwerben dadurch einen anderen ›genderlect‹ als Männer. – Die Kommunikation zwischen den Geschlechtern bricht aufgrund dessen häufig zusammen.

Der Term F benennt zugleich den bedrückenden Status quo und positive Utopien.

Bedeutung, Bewußtsein, Diskursanalyse, Diskurstheorie, Erinnerungsarbeit, Feminismus, Frauenbewegung, Frauenemanzipation, Frauenformen, Frauenstudien, Geschlecht, Geschlechterverhältnisse, Gewalt, Gewohnheit, Gleichheit, Gleichstellungspolitik, Grammatik, Haltung, Hegemonie, Herrschaft, Identität, Ideologietheorie, Internet, Kommunikation, Kompetenz/Inkompetenz, Kultur, Lacanismus, Macht, Malinchismus, Männlichkeit, Marginalisierung, Metapher, Normalisierung, Ordnung, Patriarchat, political correctness, Politik, Quotierung/Quotenkampf, Repräsentation, Schweigen, Sexismus, Sprache, Strategie/Taktik, Subjekt, subversiv, symbolische Ordnung, Text, Unterdrückung, Unterwerfung, Verhalten

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