Hegel-Kritik
A: naqd hīǧil. – E: critique of Hegel. – F: critique de Hegel. – R: kritika Gegelja. – S: crítica de Hegel. – C: heigeer pipan 黑格尔 批判
Andreas Arndt
HKWM 5, 2001, Spalten 1243-1258
Wie bei kaum einer anderen Philosophie ihrer Epoche sind in der Wirkungsgeschichte der hegelschen Philosophie Aneignung und Kritik weithin derart ineinander verschränkt, dass – spätestens seit dem von Feuerbach markierten Bruch mit der klassischen deutschen Philosophie (vgl. Jaeschke 1992) – so etwas wie ›Hegelianismus‹ nur in differenten Formen der H existiert. Insofern ließen sich – über den erwähnten Bruch hinweg – zahlreiche Kritiken als Fortsetzungen der hegelschen Schule apostrophieren. Auf der anderen Seite hat es seit Hegels Lebzeiten auch Kritiken (zuweilen eher Denunziationen und Verdächtigungen) gegeben, welche auf Verwerfung abzielten; jüngstes Beispiel hierfür ist die Behauptung, dass Hegels Philosophie verantwortlich sei für alle tatsächlichen oder vermeintlichen Konsequenzen, die ihre Adepten heraufbeschworen hätten: »Hegel steht am Anfang der Moderne, und auf ihn führen alle ihre Irrtümer zurück« (Koslowski 1998). In diesen Auseinandersetzungen nimmt Marx insofern eine Sonderstellung ein, als er weitgehend die gängigen Kritikmuster verlässt und sich – im Zusammenhang mit der Ausarbeitung der KrpÖ – auf einen Umbau der von Hegel bezogenen theoretischen Mittel in empirisch-wissenschaftlichen Zusammenhängen konzentriert. Dabei bleibt sein Umgang mit Hegel jedoch vielfach unausdrücklich und auch ambivalent: scheinbar kommentarlose Bezugnahmen stehen relativ unvermittelt neben z.T. wenig differenzierten Kritiken, so dass seine Äußerungen insgesamt den paradoxen Eindruck eines hegelkritischen Hegelianismus oder hegelianisierenden Antihegelianismus erwecken können. Diese Ambivalenz beherrscht auch die Wirkungsgeschichte der marxschen H innerhalb des Marxismus, die vielfach zwischen pauschaler Verwerfung Hegels und der Affirmation der ihm zugeschriebenen »dialektischen Methode« schwankt.
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