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christian
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 Der richtige Weg muss offenbar anders verlaufen: Die <!--[-->[[k:Kritik|Kritik]]<!--]--> des kÜ muss dieses als nur scheinbar oder nur momentan kleiner ausweisen. Am Abwägen führt kein rationaler Weg vorbei. Die notwendige Argumentation lässt sich bei Rosa Luxemburg beobachten, wenn sie von einem scheinbaren Ausweg sagt: »Ein solches Heilmittel gleicht aber der Krankheit wie ein Regentropfen dem anderen und kann nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt als das kÜ gelten.« (...) Wenn die Erwartung besteht, »dass die Arznei selbst in Krankheit umschlägt« (...), dann kann das kÜ als Durchgang zum Übel schlechthin gelten. Der Wirklichkeitsgehalt solcher Erwartungen und damit allen strategischen Abwägens erschließt sich freilich nur in der Analyse einer konkreten Situation. Der richtige Weg muss offenbar anders verlaufen: Die <!--[-->[[k:Kritik|Kritik]]<!--]--> des kÜ muss dieses als nur scheinbar oder nur momentan kleiner ausweisen. Am Abwägen führt kein rationaler Weg vorbei. Die notwendige Argumentation lässt sich bei Rosa Luxemburg beobachten, wenn sie von einem scheinbaren Ausweg sagt: »Ein solches Heilmittel gleicht aber der Krankheit wie ein Regentropfen dem anderen und kann nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt als das kÜ gelten.« (...) Wenn die Erwartung besteht, »dass die Arznei selbst in Krankheit umschlägt« (...), dann kann das kÜ als Durchgang zum Übel schlechthin gelten. Der Wirklichkeitsgehalt solcher Erwartungen und damit allen strategischen Abwägens erschließt sich freilich nur in der Analyse einer konkreten Situation.
  
-II. Der [[b:Begriff]] des kÜ betrifft grundsätzlich jede Auswahl zwischen Alternativen, ob von Individuen oder von Organisationen; er kann sich auf spezifische Aktionen oder umfassende Systeme beziehen und wird von jeder politischen Richtung in Anspruch genommen. In marxistischer Tradition wurde er in der Regel verwendet, wenn es zu entscheiden galt, ob man vorübergehend die eine oder andere politische Formation des Bürgertums taktisch unterstützt. Freilich kann das entscheidende Argument für eine Strategie des kÜ (mit oder ohne Verwendung des Terms) auf unterschiedlichen [[e:Ebene]]n der Allgemeinheit formuliert werden. Es kann sich auf grundlegende institutionelle Rahmenbedingungen, etwa die Alternative zwischen demokratischer Republik und Monarchie, [[b:Bonapartismus]] oder [[f:Faschismus]], beziehen; es kann einen strategischen Rückzug oder einen [[k:Kompromiss]] rechtfertigen, um das Überleben der [[b:Bewegung]] oder des Regimes zu gewährleisten. Innerhalb einer demokratischen Republik kann es benutzt werden, um eine [[e:Einheitsfront]] mit bestimmten bürgerlichen Parteien gegen eine repressive Politik oder für eine fortschrittliche Sozialpolitik zu rechtfertigen. Im spezifischen Kontext von Wahlkämpfen kann es auf die Unterstützung einer Nicht-Arbeiterpartei gegen eine andere oder eines Kandidaten gegen einen anderen angewandt werden, wenn der begünstigte Kandidat ›weniger schlecht‹ als der andere ist. Nicht alle Kompromisse beinhalten die Wahl eines kÜ. Während z.B. Parteienbündnisse in einer Volksfront auf Kompromissen beruhen können, die die [[h:Handlung]]sbedingungen aller Beteiligten erweitern, werden kÜ-[[e:Entscheidung]]en in der Regel in ungünstigen Kräftekonstellationen getroffen, in denen man sich in der Defensive befindet.+II. Der [[b:Begriff]] des kÜ betrifft grundsätzlich jede Auswahl zwischen Alternativen, ob von Individuen oder von Organisationen; er kann sich auf spezifische Aktionen oder umfassende Systeme beziehen und wird von jeder politischen Richtung in Anspruch genommen. In marxistischer Tradition wurde er in der Regel verwendet, wenn es zu entscheiden galt, ob man vorübergehend die eine oder andere politische Formation des Bürgertums taktisch unterstützt. Freilich kann das entscheidende Argument für eine Strategie des kÜ (mit oder ohne Verwendung des Terms) auf unterschiedlichen Ebenen der Allgemeinheit formuliert werden. Es kann sich auf grundlegende institutionelle Rahmenbedingungen, etwa die Alternative zwischen demokratischer Republik und Monarchie, [[b:Bonapartismus]] oder [[f:Faschismus]], beziehen; es kann einen strategischen Rückzug oder einen [[k:Kompromiss]] rechtfertigen, um das Überleben der [[b:Bewegung]] oder des Regimes zu gewährleisten. Innerhalb einer demokratischen Republik kann es benutzt werden, um eine [[e:Einheitsfront]] mit bestimmten bürgerlichen Parteien gegen eine repressive Politik oder für eine fortschrittliche Sozialpolitik zu rechtfertigen. Im spezifischen Kontext von Wahlkämpfen kann es auf die Unterstützung einer Nicht-Arbeiterpartei gegen eine andere oder eines Kandidaten gegen einen anderen angewandt werden, wenn der begünstigte Kandidat ›weniger schlecht‹ als der andere ist. Nicht alle Kompromisse beinhalten die Wahl eines kÜ. Während z.B. Parteienbündnisse in einer Volksfront auf Kompromissen beruhen können, die die [[h:Handlung|Handlungs]]bedingungen aller Beteiligten erweitern, werden kÜ-[[e:Entscheidung|Entscheidungen]] in der Regel in ungünstigen Kräftekonstellationen getroffen, in denen man sich in der Defensive befindet.
  
-Den unterschiedlichen Varianten ist der grundlegende Anspruch gemeinsam, dass die Entscheidungen dem angenommenen Gut dienen, d.h. sich langfristig auf eine [[g:Gesellschaft]] der »assoziierten Produzenten« (...) orientieren bzw. kurzfristig auf die [[e:Entwicklung]] einer unabhängigen Arbeiterbewegung oder die Konsolidierung eines revolutionären Regimes. In jedem Fall rangieren die Antworten zwischen einer maximalistischen Position, bei der jede Differenzierung zwischen besseren und schlimmeren Formen bürgerlicher [[h:Herrschaft]] hinter der Aufgabe der Revolution zurücktritt, und einer minimalistischen Position, die derart von der Aufgabe absorbiert ist, auf unmittelbare Bedrohungen zu antworten, dass sie das ursprüngliche Ziel der Bewegung aus dem Auge verliert. Maximalisten benutzen den Term kÜ zuweilen als abfälligen Begriff, um jede Vorstellung einer begrenzten und vorübergehenden Unterstützung einer bürgerlichen Formation zu diskreditieren. Freilich sind die <!--[-->[[b:Bestimmung, Determination|Bestimmung]]<!--]-->en eines kÜ (oder eines geringsten Schadens) ein notwendiger Bestandteil jeder Entscheidung, die defensive Berechnungen erfordert. Da diese unverzichtbar sind, besteht die Aufgabe einer revolutionären Partei darin, sie angemessen zu begrenzen. – Außerhalb des Marxismus und jenseits rein pragmatischer Berechnungen hat der Begriff eine neue [[f:Funktion]] in der ›ethischen‹ Rechtfertigung des [[k:Kapitalismus]] in der Phase ungebremster militärischer US-Interventionen im Weltmaßstab erhalten. +Den unterschiedlichen Varianten ist der grundlegende Anspruch gemeinsam, dass die Entscheidungen dem angenommenen Gut dienen, d.h. sich langfristig auf eine [[g:Gesellschaft]] der »assoziierten Produzenten« (...) orientieren bzw. kurzfristig auf die [[e:Entwicklung]] einer unabhängigen Arbeiterbewegung oder die Konsolidierung eines revolutionären Regimes. In jedem Fall rangieren die Antworten zwischen einer maximalistischen Position, bei der jede Differenzierung zwischen besseren und schlimmeren Formen bürgerlicher [[h:Herrschaft]] hinter der Aufgabe der Revolution zurücktritt, und einer minimalistischen Position, die derart von der Aufgabe absorbiert ist, auf unmittelbare Bedrohungen zu antworten, dass sie das ursprüngliche Ziel der Bewegung aus dem Auge verliert. Maximalisten benutzen den Term kÜ zuweilen als abfälligen Begriff, um jede Vorstellung einer begrenzten und vorübergehenden Unterstützung einer bürgerlichen Formation zu diskreditieren. Freilich sind die <!--[-->[[b:Bestimmung, Determination|Bestimmungen]]<!--]--> eines kÜ (oder eines geringsten Schadens) ein notwendiger Bestandteil jeder Entscheidung, die defensive Berechnungen erfordert. Da diese unverzichtbar sind, besteht die Aufgabe einer revolutionären Partei darin, sie angemessen zu begrenzen. – Außerhalb des Marxismus und jenseits rein pragmatischer Berechnungen hat der Begriff eine neue [[f:Funktion]] in der ›ethischen‹ Rechtfertigung des [[k:Kapitalismus]] in der Phase ungebremster militärischer US-Interventionen im Weltmaßstab erhalten. 
    
  

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